Dieser Artikel soll ein Leitfaden für Fabrikbesitzer und IT-Manager über die Grundsätze des Lean-Manufacturing und die anzuwendenden Kriterien sein, um die Fabrikleistung beständig zu optimieren und die kostengünstigste Technologie bei gleichzeitig reduzierter Abfallmenge zu beschaffen.
Dieser Artikel deckt folgende Bereiche ab:
- „Keine Inseln der Automatisierung“ bedeutet jetzt ‚“keine Insel ohne Cloud“
- Welche sind die wichtigsten Vorteile, die Technologieanbieter bieten?
- Einsatz von Lean Manufacturing als Technologiefilter
- Wie können Konzepte der Industrie 4.0 beim Lean-Manufacturing helfen?
Viele Fabrikbesitzer und Hersteller stehen vor der Herausforderung, ihre Fabriken von Industrie 2.0 auf smarte Fabriken der Industrie 4.0 umzustellen, um betriebliche Effizienz und Automatisierung zu optimieren und im Wettbewerb der Fertigungsbereiche weiterhin führend zu sein. Bestimmte Kunden benötigen möglicherweise zusätzliche Anpassungen der Produkte und schnellere Produktionszeiten. Auch das müssen Fabriken berücksichtigen. Die Optimierung besteht größtenteils darin, neue Technologien wie beispielsweise IoT-Architekturen und Industrie 4.0-Systeme zu nutzen und einzuführen und gleichzeitig Abfälle bzw. Ausschuss zu reduzieren. Die Einführung neuer Technologien in einer Fabrik kann eine ziemlich große Herausforderung sein. Es wird Fabrikbesitzern und Herstellern empfohlen, kostspielige Technologieinvestitionen zu vermeiden, die der betreffenden Fabrik im Endergebnis keinen praktischen Nutzen bringen.
„Keine Inseln der Automatisierung“ bedeutet jetzt „keine Insel ohne Cloud“.
Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts haben viele Fabrikbesitzer aufgrund der Vorteile und Zugewinne wie mehr Präzision, höhere Produktivität, Möglichkeit der Arbeitsvorbereitung und Verfügbarkeit auf eine verstärkte Automatisierung gesetzt. Sie haben oft die Phrase bzw. den Grundsatz „keine Inseln der Automatisierung“ gehört. Das bedeutete, automatisierte Subsysteme zu vermeiden, die nicht in die übergreifenden Fabrikprozesse und Automatisierung integriert waren und somit keinen Vorteil für die größeren Systeme der Fabrik brachten. Das Ziel waren komplette, integrierte Produktions- und Montagelinien, welche die Produkte nahtlos und ohne Zeitverzögerung herstellten. Die Automatisierung an sich hatte einen erheblichen Einfluss auf den Fertigungsbereich, Die Fabrikbesitzer stellten eine gesteigerte Produktivität sowie kürzere Stillstands- und Verzögerungszeiten fest.
Jetzt hören dieselben Fabrikbesitzer „keine Insel ohne Cloud“, da die IoT-Anbieter darauf drängen, cloud-basierte Konnektivität und Lösungen zu fördern und alle von der jeweiligen Fabrik erzeugten Daten in der Cloud zu speichern. Die Industrie nähert sich den cloud-basierten Standardlösungen mit Vorsicht, da Bedenken hinsichtlich Datensicherheit, Kosten, Bandbreite und Latenzzeit bestehen. Selbst wenn die Cloud dem MES („Manufacturing Execution System“) Vorteile bringt. Neuere, moderne Ansätze befassen sich mit der Nutzung offener Standards wie beispielsweise OPC UA, um jede Maschine in Echtzeit zu steuern und eine Kommunikation zwischen den Maschinen einzuführen, um den Bedarf an Datenspeicherung zu reduzieren. Die Daten werden dann gesammelt und an einen Fog-Computer übermittelt oder per Edge-Computing verarbeitet, die beide näher am tatsächlichen Standort der Maschinen sind, um die Bedenken gegenüber den üblichen Cloud-Optionen wie beispielsweise Kosten und Sicherheit zu verringern.
Welche sind die wichtigsten Vorteile, die Technologieanbieter bieten?
Einige der wichtigsten Funktionen im Kontext der Industrie 4.0-Technologie, welche Lieferanten bereitstellen können und die Fabrikbesitzer berücksichtigen sollten, sind:
Datengesteuerte Leistungsoptimierung einer Fabrik
Die datengesteuerte Optimierung einer Fabrik bezieht sich auf das Erfassen und Verwenden von Daten, die von Fabrikmaschinen, Sensoren, HMIs, SPS, Mitarbeitern und SCADA-Systemen erzeugt werden, um Anlagenbetrieb und Prozesse zu verbessern. Der Datenzyklus für die Anlagenoptimierung umfasst die Aufzeichnung und Überwachung von Daten, das Hochladen der Daten, die Analyse der hochgeladenen Daten und die Berichterstattung für diese Daten mithilfe von IoT-Gateways und IoT-Architektur im Kontext der Industrie 4.0. Diese Optimierung sollte darauf abzielen, die Gesamtanlageneffektivität (OEE) aufrechtzuerhalten. Sie ist ein Maß dafür, wie effektiv die Anlage und ihre industriellen Geräte sind. Ein Prozess mit einem OEE-Score von 100 % bedeutet, dass er eine qualitativ hochwertige und möglichst effiziente Ausgabe ohne Maschinenstillstandszeit liefert.
Datengesteuerte Bestandsoptimierung
Die datengesteuerte Bestandsoptimierung bezieht sich auf die Nutzung von Echtzeitdaten zur Bestandsverwaltung. Betrachten Sie zum Beispiel ein Szenario in der Bauindustrie, bei dem Versorgungseinheiten mit RFID-Tags gekennzeichnet sind und ein IoT-System diese zählen kann. Sobald die Versorgungseinheiten eine bestimmte Anzahl unterschreiten, lösen die Sensoren einen Alarm aus und es werden weitere Versorgungseinheiten gekauft. So werden Ausfallzeiten vermieden und es ist wahrscheinlicher, dass das Projekt im geplanten Zeitrahmen abgeschlossen wird.
Datengesteuerte Qualitätskontrolle
Da IoT-Systeme Big Data erheben und verwalten können, sollte der IT-Anbieter eine Software bereitstellen, die in der Lage ist, auf Basis der Daten Qualitätskontrollmodelle und -profile zu entwickeln. Daher kann jedes Produkt in Echtzeit mit diesen Profilen (die auf Tausenden oder Hunderttausenden von Datenproben basieren) verglichen und entweder abgelehnt oder akzeptiert werden.
Eine Maschine als Dienstleistungs-Geschäftsmodell
Dieses Modell ermöglicht es Fabrikbesitzern, ihre Maschinen zu selbstständigen, Einnahmen generierenden Strömen zu machen, zusätzlich zu den Einnahmen, welche die Maschine als Teil der internen Fabrikprozesse und der Produktionslinie erzielt. So kann in diesem Modell eine bestimmte Maschine der Fabrik an einen Kunden oder ein anderes Unternehmen ausgelagert werden, von denen sie für eine bestimmte Zeit benötigt wird. Dieser Kunde kann über die IoT-Plattform Echtzeitdaten zu den Produkten oder Dienstleistungen abrufen, für die er diese Maschine verwendet. Ein Technologielieferant sollte HMIs oder andere Systeme bereitstellen können, welche diese Art von Multifunktionalität ermöglichen. Die Fabrik sollte also Daten über die internen Prozesse erhalten können, in welche die Maschine einbezogen ist. Das Unternehmen, das eine Maschine anmietet, sollte zudem in der Lage sein, Daten über die Maschine und ihre für ihre Bedürfnisse relevanten Leistungen zu erhalten.
Mensch-Daten-Schnittstelle
Die Mensch-Daten-Schnittstelle (auch „HDI“ für „Human Data Interface“) bezieht sich auf die Plattform, die der Mensch benutzt, um die Daten zu verarbeiten. Dies kann durch Aufrufe einer Datenbank, ein HMI oder auch ein Smartphone geschehen. Der jeweilige Technologieanbieter sollte eine Schnittstelle bereitstellen, mit der das Personal mit den Daten umgehen und Erkenntnisse daraus gewinnen kann.
Vorausschauende Instandhaltung
Die vorausschauende Instandhaltung bezieht sich auf die Nutzung der von einer bestimmten Maschine erzeugten Daten, um die Ausfallwahrscheinlichkeit dieser bestimmten Maschine vorherzusagen, bevor tatsächlich ein Ausfall erfolgt. Die Instandhaltung der Maschine erfolgt so proaktiv und nicht reaktiv. So werden Ausfallzeiten deutlich reduziert.
Fernwartung
Fernwartung (oder auch Remote-Dienst) ist die Möglichkeit, Maschinen per Fernzugriff zu überwachen oder zu reparieren. Das ermöglicht die Reparatur und die Instandhaltung von überall her und erspart dem Fabrikbesitzer die Kosten für den Maschinentransport zum entsprechenden Reparaturstandort.
Virtuelle Schulung und Validierung
Virtuelle Schulung ist eine Schulung, die in einem virtuellen Medium mithilfe von KI- bzw. VR-Brillen erfolgt. So kann das Personal auf diese Schulung zugreifen und in einer Online-Umgebung mehr über die Fabrikprozesse erfahren. Validierung bezieht sich auf die Möglichkeit des IoT-Systems zu prüfen, ob die erhaltene Schulung für Personal und Fabrik tatsächlich von Vorteil war. Dies geschieht mithilfe von Sensoren, welche die fertigen Produkte der Fabrik vor und nach Abschluss der Schulung dahingehend vergleichen, ob es einen positiven Unterschied gibt. Zur Validierung gehört auch die Verwendung einer KI-Brille, mit der festgestellt wird, ob der Mitarbeiter die erhaltene Schulung in der Fertigung tatsächlich umsetzt.
Einsatz von Lean Manufacturing als Technologiefilter
Lean-Manufacturing basiert auf dem Konzept, die Abfälle aus Fabrikprozessen zu beseitigen und gleichzeitig sicherzustellen, dass der Kunde den maximalen Wert erhält. Das Lean-Manufacturing versucht, die Bereitstellung der Produkte in horizontalen Wertströmen, die letztlich mit den Kunden verbunden sind, zu optimieren. Dabei soll bewertet werden, was dem Kunden einen Mehrwert bringt, im Vergleich dazu, was Abfall verursacht oder für die Fabrik nicht von Vorteil ist.
Das erfolgt systematisch. Das Lean-Manufacturing hat fünf wichtige Grundsätze:
- Beim ersten Grundsatz wird erfasst, was der Wert für den Kunden tatsächlich bedeutet. Damit kann die Fabrik besser einschätzen, wie viel der Kunde für seine Produkte und Dienstleistungen zu zahlen bereit sein wird. Durch Beseitigen des Abfallaufkommens kann der Preis des Kunden bei optimalen Gewinnmargen für das Unternehmen erreicht werden.
- Der zweite Grundsatz besteht darin, den Wertstrom abzubilden, also den Fluss der Input-Materialien zu betrachten, die für die Herstellung des Produkts in seiner Gesamtheit benötigt werden. Der Schwerpunkt liegt natürlich auf einer Reduzierung der Abfallmengen.
- Der dritte Grundsatz dreht sich um die Beseitigung der betrieblichen Barrieren und Unterbrechungen dieses Stroms.
- Der vierte Grundsatz sieht den Einsatz eines Pull-Systems vor, bei dem etwas erst gekauft wird, wenn eine Nachfrage dafür besteht. Das Pull-System basiert auf effektiver Kommunikation und Flexibilität.
- Der fünfte Grundsatz bezieht sich auf die kontinuierliche Verbesserung und das Streben nach Perfektion im Prozess.
Die Grundsätze des Lean-Manufacturing können für Fabrikbesitzer vorteilhaft sein, da sie als Technologiefilter oder -kriterien verwendet werden können, um so sicherzustellen, dass jede in der Fabrik eingeführte Technologie zur Reduzierung des Abfallaufkommens und zu den horizontalen Wertströmen beiträgt. Anders ausgedrückt: Die Technologie sollte zur Reduzierung von Ausschuss, von Lagerbeständen, zu mehr Produktionsleistung, zu niedrigeren Produktionskosten und zu einer gesteigerten Arbeitsproduktivität beitragen.
Wie können Konzepte der Industrie 4.0 beim Lean-Manufacturing helfen?
Datengesteuerte Anlagenleistung
Datengesteuerte Anlagenleistung bezieht sich wie vorstehend erörtert auf die Nutzung von Echtzeitdaten zur Produktionssteigerung. Dies erfolgt gleichzeitig, während die Daten verwendet werden, um abfallerzeugende und unproduktive Bereiche zu identifizieren. Die datengesteuerte Anlagenleistung trägt wesentlich zu allen fünf Grundsätzen des Lean-Manufacturing bei, da die Kunden einen Wert erhalten, das Mapping der Wertschöpfungsketten von den in Echtzeit erhaltenen Ist-Daten geleitet wird und die Daten dazu beitragen, Hindernisse zu erkennen, beispielsweise wenn es zu einem Stillstand kommt und welche Maschine oder welcher Prozess den Stillstand verursacht, um diese Probleme sofort beheben zu können. Da die Daten aus zahlreichen Quellen in der Fabrik beständig an Mitarbeiter und Personal der Fabrik übermittelt werden, können sie dank der einfachen Kommunikation und der konstanten analytischen Verarbeitung der Daten Pull-Systeme entwickeln. Außerdem ermöglicht die kontinuierliche Entwicklung nützlicher Modelle auf Basis von Big Data und Echtzeitdaten eine kontinuierliche Verbesserung.
Datengesteuerte Qualitätskontrolle
Die datengesteuerte Qualitätskontrolle wie vorstehend erwähnt befasst sich mit dem Vergleich einer Probe oder eines Materials mit einem aus Big Data entwickelten Profil, anstatt viele teure Qualitätskontrollen an jeder einzelnen Probe in der Produktionslinie durchzuführen. Das passt zum Konzept des Lean-Manufacturing, da die Anzahl der Tests reduziert wird, während die Qualitätskontrolle aufrechterhalten bleibt.
Virtuelle Schulung und Validierung
Virtuelle Schulung und Validierung befasst sich mit der Bereitstellung einer Schulung in virtuellen Umgebungen mit KI-Brillen und einer Validierung mithilfe von KI-Brillen, dass die Schulung nützlich und effektiv war und tatsächlich durchgeführt wurde. Einer der wichtigen Aspekte des Lean-Manufacturing konzentriert sich auf die Schulung der Mitarbeiter zu Lean-Grundsätzen in der Fabrik, da diese Mitarbeiter in jeder Fabrikumgebung eine wichtige Komponente sind. Mit den KI-Brillen können die Mitarbeiter in der Fabrikumgebung, in der sie tätig sind, gemäß den Grundsätzen des Lean-Manufacturing geschult und geführt werden. Außerdem kann mit der KI-Brille bestätigt werden, dass die Mitarbeiter die in der Fabrik erhaltene Schulung tatsächlich durchführen. Daher werden die Lean-Manufacturing-Konzepte zur Abfallreduzierung und Optimierung der Produktlieferung im gesamten Werk durch virtuelle Schulungen und Validierungen vermittelt werden.
Schlussfolgerung
Die Industrie 4.0-Konzepte wie beispielsweise die Verbindung mehrerer Maschinen, die Kommunikation zwischen Maschine und Maschine, die Mensch-Maschine-Kommunikation, die Bereitstellung der Daten in Echtzeit, Verarbeitung von Big Data und analytische Operationen knüpfen an den vierten Grundsatz des Lean-Manufacturing an.
Die meisten Hersteller, die keine Grundsätze des Lean-Manufacturing anwenden, setzen auf ein Push-System, das auf konventionellen Prognosetechniken basiert. Die Produktion wird auf die vorher festgelegten Prognosen ausgerichtet. Das kann problematisch sein, da einige Standardprognosetechniken ungenau sind, Abfälle und Ausschuss erhöhen und nicht effektiv sind. Das Pull-Prinzip des Lean-Manufacturing, erst etwas zu produzieren, bis dafür eine Nachfrage besteht, hängt stark von einer effektiven Kommunikation ab. Mit der richtigen Wahl der Industrie 4.0-Technologie kann dieses effektive Kommunikationssystem entwickelt werden, um das Abfallaufkommen zu reduzieren und die Gesamteffizienz der Fabrik zu optimieren.