Oftmals stellen sich Fabrikbesitzer die Frage: „Soll ich das HMI herstellen oder kaufen?“.
HMIs („Human Machine Interface“, deutsch „Mensch-Maschine-Schnittstelle“) gibt es in vielen Formaten und in unterschiedlicher Komplexität, was Herstellungs- oder Kaufentscheidungen erschwert. Ein HMI kann ein einfacher Satz von Bedientasten an einer Maschine, eine Schnittstellensoftware, ein Bildschirmgerät oder eine erweiterte Touchscreen sein, mit der Daten archiviert und in Echtzeit übertragen werden können.
Wenn sich einige Hersteller für die Einführung einer eigenen HMI-Lösung entscheiden, so beschreiten einige den Weg der HMI-Softwareentwicklung. Es gibt Softwareprogramme, mit denen Sie HMI-Software entwickeln können, und die auch Vorlagen für werkseitige Standardfunktionen wie beispielsweise die Überwachung eines Ventils oder einer Pumpe enthalten. Mit der zunehmenden Komplexität eines bestimmten Herstellungsprozesses ist dies jedoch nicht immer eine gangbare Option.
Natürlich wird es immer die weniger glanzvolle Tätigkeit der Hardware-Entwicklung geben. Da dieses neue Produkt sehr wahrscheinlich länger als 5 Jahre im Dauereinsatz sein wird, sind Design und Entwicklung der Hardware kein banaler Prozess. Stattdessen ist eine langjährige Erfahrung aus dem wirklichen Leben erforderlich. Steve Jobs sagte einmal über die Entwicklung von Hardware: „Es gibt nur wenige Dinge, die von den Gesetzen der Physik aufgehalten werden“.
In diesem Artikel werden wir einige der wichtigsten Faktoren betrachten, die bei diesen Make-or-Buy-Entscheidungen für die HMI-Entwicklung berücksichtigt werden sollten. Die Reihenfolge dieser Liste soll unabhängig von der Bedeutung der Punkte sein.
8 Fragen, die bei der Make-or-Buy-Entscheidung für das HMI zu stellen sind
1. Welche Prozesse und Abläufe muss das HMI im Werk steuern?
Der erste Schritt bei der Make-or-Buy-Entscheidung für das HMI besteht in einer Prüfung der Fabrikprozesse, Montagelinien und Abläufe, die das HMI überwachen oder steuern soll.
So umfasst die Milchverarbeitung in einer typischen Anlage zunächst eine Pasteurisierung, bei der die Milch erhitzt und gekühlt wird, um Krankheitserreger zu entfernen.
Die nächste Behandlungsphase ist in der Regel die Homogenisierung, bei der die Milch durch einen Zerstäuber geleitet wird, um eine gleichmäßige Verteilung der Fettpartikel in der Milch sicherzustellen. Die Milch wird dann der weiteren Verarbeitung zugeführt, wie beispielsweise einer Reduzierung des Fettgehalts durch Mikrofilterung oder einer Verlängerung der Lagerfähigkeit durch Ultrahochtemperaturbehandlung.
Der gesamte Prozess ist automatisiert und jede Behandlungsphase kann je nach Anlage ein mit einer SPS (speicherprogrammierbare Steuerung) verbundenes HMI haben, um die Qualitätsstandards der Milch zu überwachen und sicherzustellen.
In diesem Szenario wäre es für den Fabrikbesitzer sinnvoller, in den Kauf des HMI als Teil eines SCADA-Systems („Supervision Control and Data Acquisition“ bzw. „Übergeordnete Steuerung und Datenerfassung“) zu investieren, da die Automatisierung in Molkereien ziemlich anspruchsvoll, aber gut dokumentiert und verständlich ist.
Sollte die Fabrik aber ihre eigene Milchmarke produzieren und diese Milch einem besonderen Prozess aussetzen, der bestimmte Mengen an zusätzlichem Protein und Kalzium hinzufügt, so kann sie in diese spezielle Phase ihr eigenes HMI integrieren.
Dann ist es ratsam, dass der Fabrikbesitzer die bestehenden Prozesse sehr genau bewertet. Dazu gehören beispielsweise die Geräte, mit denen das HMI verbunden sein muss sowie besondere Anforderungen. Solche Informationen können für eine Entscheidung genutzt werden.
2. Welche Maschinen und Parameter müssen im Werk überwacht werden?
Die Hersteller können die verschiedenen Parameter einer Maschine mithilfe eines HMI prüfen. Die Standardparameter, die das einer bestimmten Maschine zugeordnete HMI üblicherweise misst, sind Variablen wie zum Beispiel Temperatur, Ausgänge, Zählfunktionen der Maschine und Druckwerte.
Das typische HMI, das beispielsweise in Kläranlagen verwendet wird, kann zusätzlich anzeigen, welche Ventile noch offen sind oder welche Pumpen noch laufen. Dies alles sind sehr einfache Standardmessungen. Ein Fabrikbesitzer könnte für solche Messungen an weniger komplizierten Maschinen problemlos eine interne HMI-Lösung implementieren.
Viele Fabriken verfügen aber über kompliziertere Maschinen und komplexere Parameter, die gemessen werden müssen. So sortieren Maschinen, mit denen Kraftfahrzeuge montiert werden, Teile beispielsweise nach Form und anderen Merkmalen, so dass wahrscheinlich ein durchdachteres HMI gekauft werden müsste.
3. Wie komplex muss das HMI sein?
Ein Automatisierungstechniker könnte beispielsweise für eine Wasserspeicheranlage ein einfaches HMI erstellen, das die Wasserstände in einem bestimmten Tank anzeigt. Diese HMI-Softwareanwendung wäre ziemlich einfach zu entwickeln und zu programmieren.
Viele Fertigungsprozesse bestehen jedoch aus verschiedenen Phasen und Ebenen. Diese Ebenen können mechanischer oder chemischer Art sein. Bei einem HMI, das also Daten auf verschiedenen Ebenen überwachen und liefern muss, wären die benötigten Algorithmen komplexer. So umfasst die Pelletierung von Biomasse beispielsweise die Filterung, die Trocknung zum Entfernen der Feuchtigkeit und die Zugabe von Binde- oder Schmiermitteln, so dass das HMI für die Prozesssteuerung gemäß diesen Abläufen weiterentwickelt werden müsste.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Komplexität des HMI in einem direkten Zusammenhang mit dem Prozess steht, der überwacht und gesteuert werden soll. Das ist ein wichtiger Aspekt, wenn es um Make-or-Buy-Entscheidungen für das HMI geht.
4. Haben Sie die Zeit für Konstruktion, Entwicklung und Umsetzung des HMI?
Im Falle einer Eigenentwicklung muss für die Make-or-Buy-Entscheidung des HMI auch der zeitliche Rahmen des gesamten Entwicklungslebenszyklus eines HMI berücksichtigt werden. Im Idealfall muss das HMI benutzerfreundlich und intuitiv sein, um durch das Frontend-Fabrikpersonal bedient zu werden. Für Entwicklung, Tests und gründliche Integration in bestehende Fabrikarchitekturen und -plattformen muss genug Zeit vorhanden sein.
Damit muss für eine Anpassung an den Lebenszyklus unter Umständen viel Zeit aufgewendet werden, was sich auf den Gewinn des Unternehmens auswirken könnte.
Bei diesen Inhouse-Projekten wird der Entwicklungsphase oftmals viel Aufmerksamkeit geschenkt, während die Umsetzungsphase wenig Beachtung findet. Durch das Outsourcing einiger technischer Anforderungen werden hier Zeit und Ressourcen freigesetzt, um eine angemessene Einführung sicherzustellen.
5. Kann ein HMI auch unter dem Druck von Produktänderungen und Maschinenaufrüstungen entwickelt werden?
Ein weiterer Faktor, der sich auf die Make-or-Buy-Entscheidung des HMI auswirken wird, ist der Markt und der damit verbundene entsprechende Druck auf die Fabrik.
Hersteller müssen häufig Produkte entwickeln und bestehende Maschinen aufrüsten, um im Wettbewerb bestehen zu können und komplexe Produktionslinien einführen. Bei einem intern entwickelten HMI müsste auch das HMI aufgerüstet werden, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Es könnte eventuell unmöglich sein, dies gleichzeitig vorzunehmen.
Wenn die Machbarkeit einer Eigenentwicklung des HMI geprüft wird, sollte erörtert werden, ob das HMI mit zukünftigen neuen Maschinen kompatibel sein wird.
6. Kann externes Technologiewissen in die bestehenden internen Entwicklungsteams integriert werden?
Hat ein Hersteller beschlossen, ein eigenes HMI zu entwickeln, so sollte er auch externe Technologiekenntnisse und Experten in die bestehenden internen Entwicklungsteams einbinden, um den Produktlebenszyklus zu beschleunigen und externe Kompetenzen zu nutzen.
Diese Kombination aus externer technischer Unterstützung und den vorhandenen internen Mitarbeitern kann sehr schnell zu Marktergebnissen führen. Auf der Embedded-Ebene kann dies sicherlich eine sehr leistungsfähige Projekteinrichtung sein.